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Zeichnung
Foto Auel

Gedanken zur neuen Orgel

Von unserem Seelsorgebereichsmusiker Herrn Auel

 

Für jeden Organisten ist es wohl eine besondere Freude, einmal im (Berufs-)Leben eine neue Orgel planen zu dürfen. Im Wissen lag aber zumindest zu Beginn viel Wehmut in dieser „Freude“. Die alte Orgel war gute 10 Monate vor dem Brand erst überholt und neu intoniert worden. Das klangliche Ergebnis war für mich wirklich traumhaft, denn vorher konnte man an bestimmten Pfeifen hören, dass sie nicht aus einem Guss für dieses Orgel gefertigt worden waren, sondern aus 4 verschieden Instrumenten unterschiedlichen Alters und Qualität zusammengesetzt waren. Für die meisten von Ihnen wird dies wahrscheinlich nicht hörbar gewesen sein, weil sie die Orgel nicht anders kannten. Verbringt man aber so viele Stunden mit einem Instrument wie wir Organisten, dann lernt man auch die Ecken und Kanten genau kennen. Für eine Orgel aus dieser Zeit war sie vor allem eines, eine sehr zuverlässige Begleiterin. Im Gegensatz zu anderen Instrumenten aus dieser Zeit hatte sie eigentlich nie größere technische Mängel. Somit war es für mich keine wirkliche Freude, als am 3. Mai 2023 das Gutachten den Totalschaden an Pfeifen und Windladen und somit letztendlich der gesamten Orgel bescheinigte.

Langsam kamen die ersten Gedanken auf:  Was wird jetzt? Bekommen wir von der Versicherung eine neue Orgel? Denn eines war direkt klar, ohne die Versicherung hätten wir uns eine neue Orgel in der alten Größe nicht leisten können und kleinere Orgeln würde den riesigen Raum nicht adäquat beschallen können. Zum Glück kam die Freigabe der Versicherung relativ schnell, sodass ich mir Gedanken über einen Neubau machen konnte.

Da unser wertvolles Gehäuse restauriert werden kann, war eines von Anfang an klar: Die neue Orgel wird wieder in das alte Gehäuse einziehen und auch zukünftig die Pfeifen beherbergen. Es gibt gerade in unsere Gegend nicht viele Kirchen, in denen ein so wertvolles Gehäuse aus dieser Zeit noch steht. Diesen historischen Schatz gilt es zu bewahren und es gibt viele Beispiele, bei denen ein Neubau in historischem Gehäuse wieder eine ästhetische Einheit bildet.

Aus den Archivunterlagen der Pfarrei konnte die Zusammenstellung der Einzelstimmen (Disposition) der 1793 von den Gebr. Kleine aus Freckhausen für die Franziskanerkirche in Attendorn gebauten Orgel entnommen werden. Dabei stellte sich heraus, dass die Orgel nie fertig gebaut worden war. Man hatte sie für 31 Register auf 2 Manualen und Pedal konzipiert. Realisiert wurden aber aus Kostengründen nur 8 Register im Positiv. 

Damit war klar, eine Reorganisation der ursprünglichen Orgel macht keinen Sinn! Zudem muss das neue Instrument bei uns eine große Kirche beschallen können, somit sollte auch die neue Orgelanlage wieder über 3 Manuale plus Pedal verfügen, was natürlich auch das Spektrum der darstellbaren Orgelmusik erheblich erweitert. 

In einem barocken Gehäuse sollte natürlich auch ein barocker Klang Einzug halten! Aber will an nur barocke Musik darstellen??? Natürlich nicht! Und so gingen die nächsten Gedanken in Richtung universelles Klangbild aber barock beeinflußt. Ein erster Entwurf sah vor, die vier Teilwerke der Orgel (Hauptwerk, Rückpositiv, Brustwerk und Pedal) wieder so zu disponieren, wie sie vor dem Brand waren, die Klanglichen Schwächen aber durch andere Register zu ersetzen. Die Konstruktionszeichnungen zeigten aber, dass der technische Aufwand sehr hoch gewesen wäre, da im Rückpositiv zu wenig Höhe vorhanden ist und es hier einige Konstruktionsmängel gab. 

Nach unzähligen Stunden vor dem Rechner auf der Suche nach einer klanglich ansprechenden Lösung in anderen Pfarreien und einigen Fahrten zu Orgeln, bei denen beispielhafte Lösungen gefunden wurden, kam so langsam Licht in das Dunkel und die Orgel nahm greifbare Gestalt an, soweit man das jetzt schon sagen kann. Denn jede Orgel ist ein Unikat und wird ihren Klang erst aufgebaut in der eigenen Kirche voll entfalten. Erst dann zeigt sich, ob die Vorstellung wirklich Realität wird.

Die neue Orgel für die Pfarrkirche Kreuzerhöhung wird sehr warme und tragfähige Grundstimmen erhalten, helle klare Flöten und sonore Streicherstimmen, eine Registerfamilie, die in der alten Orgel gar nicht vorhanden war. Zudem kernige Zungenstimmen nach deutschem und französischem Vorbild, sowie ein fundiertes Pedal.

Das Brustwerk wird durch die Stimmen des Rückpositives ersetzt und wird in Zukunft als „Positiv“ die Begleitung von Chor oder Solisten vorwiegend übernehmen oder als Echopartner des Hauptwerkes fungieren. Diese beiden Werke bekommen eine mechanische Spieltraktur, das heißt, dass jede Taste über dünne Holzlätzchen mit den Ventilen unter den Pfeifen verbunden wird. Dies führt dazu, dass man als Spieler eine sehr sensible Mechanik bekommt, und so mit seinen Fingern die Ansprache der Pfeifen genau beeinflussen kann. 

Die sehr komplexe Technik, mit der das Rückpositiv hätte gebaut werden müssen, führte zu der Entscheidung, dieses Teilwerk ganz aufzugeben und durch ein französisch disponiertes Schwellwerk zu ersetzen. Neben den hohen Baukosten stand auch der klangliche Aspekt im Vordergrund, dass ein Schwellwerk wesentlich dynamischer in der Klangabgabe ist. Dadurch wird die Möglichkeit spezieller Literaturwiedergabe nochmals vielfältiger. In Zukunft wird der Betrachter der Orgelanlage also eine freie Sicht auf das wertvolle historische Gehäuse und auch den Spieltisch haben, denn das Schwellwerk wird seinen Platz hinter dem Hauptwerksgehäuse bekommen und von unten nicht zu sehen sein.  

Bei der Namensgebung der Register werden einige Stimmen den Namen bekommen, den auch die Gebr. Kleine beim Bau der Orgel vorgesehen hatten. Somit ist das Hauptwerk eine Reminiszenz an die ersten Erbauer des Werkes, ohne den Anspruch zu erheben, eine historische Kopie zu sein.

Unsere Orgel wird klangliche Einflüsse aus mitteldeutschen Barockorgeln mit denen der französischen Romantik verbinden, gebaut in der Hellenthal in der Eifel, somit ein länderübergreifendes Instrument, was gerade in einer Zeit entsteht, in der der grenzüberschreitende Gedanken der Freiheit eher in den Hintergrund gerät. Und so hoffe und wünsche ich uns allen, dass die neue Orgel für Kreuzerhöhung Grenzen überschreitet. Nicht nur mit ihrem Klang, sondern auch mit den Menschen (Spielende wie Hörende), die sich von ihrem Klang in den Bann gezogen werden, auf dass die nächsten Generationen voller Freude und Stolz auf ihre Orgel schauen und hören.

Ihr

Andreas Auel